Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Better Work "Sourcing Practices in the Garment Industry: The Root Cause for Poor Working Conditions" (PDF): Die vorliegende Studie baut auf früheren Untersuchungen auf, die schlechte Arbeitsbedingungen auf die Beschaffungspraktiken der Einkäufer*innen in einer Branche zurückführen, die durch starke Machtasymmetrien gekennzeichnet ist. Auf der Grundlage von Daten in Form einer in kambodschanischen Bekleidungsfabriken durchgeführten Befragung von Arbeitnehmer*innen und Manager*innen wird die Frage, ob sich die Beschaffungspraktiken auf die Arbeitsbedingungen auswirken, auf deskriptive Weise und mittels statistischer Analysen untersucht. Aus der Befragung der Arbeiter*innen wird ein Maß für verschiedene Aspekte der Arbeitsbedingungen erstellt und auf die von den Fabrikmanager*innen als problematisch empfundenen Beschaffungspraktiken zurückgeführt. Auch wenn die Daten nur begrenzt aussagekräftig sind, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass mehrere Beschaffungspraktiken die Arbeitsbedingungen verschlechtern: Unsichere Aufträge, Änderungen des Auftragsumfangs, Eilaufträge und insbesondere Änderungen der technischen Anforderungen nach Beginn der Produktion. 

WaterAid "Boosting business: why investing in water, sanitation and hygiene pays of" (PDF): Die Studie zeigt, dass Unternehmen, die in die Wasserversorgung, Abwasserentsorgung und Hygiene (WASH) ihrer Mitarbeiter*innen investieren, ihr Geschäft beleben. Produktivität, Pünktlichkeit, Gesundheit, Arbeitsmoral und Loyalität verbessern sich, Fehlzeiten und Personalfluktuation gehen zurück - und steigern letztlich die Unternehmensgewinne durch höhere Produktivität. Die neuen Daten wurden u.a. in der Bekleidungs- und Lederindustrie an sechs Arbeitsplätzen in Indien und Bangladesch über einen Zeitraum von zwei Jahren erhoben. In den indischen Gerbereien gingen Fehlzeiten um 29% zurück, die Pünktlichkeit wurde um 6% gesteigert, die Produktivität stieg um 2%. In den Nähereien in Bangladesch wurde die Produktqualität um 35% gesteigert, Fehlzeiten gingen um 15% zurück, Kosten für die medizinische Versorgung gingen um 19% zurück. 

News

Globale BaumwollkriseDie wichtigsten Baumwolllieferländer der Welt sind von extremen Wetterbedingungen betroffen. Analyst*innen befürchten, dass es in den kommenden Tagen zu größeren Störungen bei der Versorgung mit dem Rohstoff kommen wird. Das größte baumwollproduzierende Land, Indien, wurde von starken Regenfällen und Schädlingsbefall schwer getroffen. Auch China, Brasilien und die USA kämpfen mit übermäßiger Hitze und Trockenheit. Nach Angaben von Bloomberg wird die Baumwollproduktion in den USA um 28 % und in Brasilien um 27 % zurückgehen. In Pakistan wurden schätzungsweise 40-45 % der Baumwollernte des Landes von den Unwettern verwüstet. Da fast zwei Drittel Pakistans unter Wasser stehen, sind die Folgen der Menschen und die Zerstörung ihrer Häuser und Lebensgrundlagen katastrophal. Man befürchtet, dass die weltweite Verfügbarkeit von Baumwolle - und damit auch die Baumwollpreise - aufgrund der sich ändernden globalen Wettermuster im Zusammenhang mit dem Klimawandel immer unberechenbarer werden. Die chinesischen Baumwollpreise entwickeln sich derzeit jedoch entgegengesetzt zum Weltmarkt. Einer Analyse zufolge ist der China Cotton Index (CCI) seit Februar 2022, als die Preise ihren Höchststand erreichten, um 31,10 % gesunken. Nach dem US-Importverbot im Juni dieses Jahres aufgrund von Zwangsarbeit der Uiguren (siehe News Update der KW 2) brachen die Preise um 24,13 % ein

Lage der Wirtschaft: Nach kurzzeitiger Entspannung liegt die Inflation wieder bei fast 8 %. Volkswirt*innen erwarten in den kommenden Monaten zweistellige Inflationsraten. Der Global Inflation Tracker der Financial Times zeigt auf einer Karte die weltweiten nationalen Inflationsentwicklungen (zum Vergleich: Indien 6,7%, Bangladesch 7.5%, Pakistan 24,9%, Türkei 79,6%, Sri Lanka 66,7%, Myanmar 17,8%). Der Einzelhandel in Deutschland hat sich im Juli wieder erholt. Angetrieben wurde die Erholung vom Internet- und Versandhandel. Der Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren konnte den jüngsten Abwärtstrend stoppen und verbuchte leichte UmsatzzuwächseDie hohen Energiekosten haben jedoch die Kauflaune der Menschen in Deutschland auf ein Rekordtief gedrückt. Für September sank der von der GfK ermittelte Konsumklimaindex zum Vormonat um 5,6 Punkte auf minus 36,5 Punkte. Laut einer Umfrage von YouGov im Auftrag der deutschen Presse-Agentur kaufen etwa 51% der Bürger*innen weniger Kleidung und Elektrogeräte. 

Produktionsländer

Wirtschaftliche Situation in den Produktionsländern: Auch in den Produktionsländern haben Inflation und Energieknappheit starke Auswirkungen. In Bangladesch führt die gedämpfte Konsumstimmung in Europa zu einem starken Rückgänge der Aufträge (bis Juni etwa 15% weniger). Mitte des Monats wurden die Ölpreise in nur einer Woche um mehr als 50 % erhöht, was zu großen Protesten führte. Die Regierung hat zudem einen Plan für einen zonenbezogenen wöchentlichen Feiertag für Industrieanlagen im ganzen Land veröffentlicht, um der Energieknappheit entgegen zu wirken und eine ununterbrochene Stromversorgung zu gewährleisten. Hersteller*innen befürchten aufgrund dessen Einbußen in der Produktion und nicht einhaltbare Lieferfristen. Viele Textilarbeiter*innen können aufgrund der gestiegenen Lebensmittelpreise weniger nahrhaftes Essen kaufen. Außerdem können sie ihren Familien nicht mehr wie gewohnt Geld zur Unterstützung senden. In Vietnam sieht die Situation ähnlich aus: Da die Zahl der Aufträge zurückgeht sind die Fabriken gezwungen, den Arbeitnehmer*innen abwechselnd freie Tage zu gewähren. Es wird erwartet, dass die Änderung der Arbeitszeiten die Gehälter der Beschäftigten im September und Oktober um 10-20 % kürzen wird. Auch das Handelsministerium und der Spitzenverband der Bekleidungshersteller*innen in Kambodscha haben sich  besorgt über einen Rückgang der Kaufaufträge aus westlichen Ländern geäußert. Einige Unternehmen erwägen einen vorübbergehenden Stopp der Produktion. In Pakistan führte eine Unterbrechung der Gasversorgung zur Schließung von Fabriken im großen Umfang, welche Massenentlassungen zur Folge hatte. Angesichts der gravierenden Treibstoffknappheit und des Preisanstiegs in ganz Myanmar sagen die Unternehmen, dass sie ihre Tätigkeit bald einstellen werden, wenn sich die Verfügbarkeit nicht verbessert.

MyanmarFEMNET berichtet über die Situation der Textilarbeiter*innen in Myanmar, die noch immer stark unter der Repression des Militärs leiden. Die Überwachung in den Fabriken nimmt zu und Arbeiter*innen werden gezielt eingeschüchtert und bedroht. Handys werden kontrolliert, diejenigen, die sich gegen das Militär aussprechen werden verhaftet. FEMNETunterstützt weiterhin die Position der Gewerkschaften und fordert die Unternehmen auf, keine Aufträge mehr zu platzieren. Zudem sollte die EU die Legitimität des Handelsabkommens EBA überprüfen. In einem Research Brief (PDF) bewertet die ILO die Auswirkungen der Machtübernahme durch das Militär auf Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen und gibt Empfehlungen an die internationale Gemeinschaft, wie diese wirksam unterstützt werden können.

Pakistan: In Pakistan dauert die jährliche Monsun-Periode für gewöhnlich von Juni bis September. Seit Mitte Juni ist das südasiatische Land mit seinen rund 220 Millionen Einwohnern von ungewöhnlich starkem Monsunregen betroffen. Naturkatastrophen wie Fluten, Dürren und Erdrutsche haben in Pakistan in den vergangenen Jahren zugenommen. Expert*innen machen dafür den Klimawandel verantwortlich. Obwohl das südasiatische Land weniger als ein Prozent der weltweiten klimaschädlichen CO2-Emissionen ausstoße, befinde sich Pakistan auf Platz acht der Staaten, die den Klimawandelfolgen am stärksten ausgesetzt seien, schrieb Regierungschef Shehbaz Sharif am Dienstagabend. Angesichts der verheerenden Überschwemmungen in Pakistan mit mehr als 1000 Todesopfern hat Regierungschef Sharif erneut an die internationale Gemeinschaft appelliert. "Insbesondere die Industriestaaten sollten Entwicklungsländer wie Pakistan nicht dem Klimawandel ausliefern", schrieb er auf Twitter.