Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

International Labour Organization "Promising practices, experiences and lessons learned in eliminating gender inequality in the garment sector in Asia" (PDF): Der Bekleidungssektor hat Millionen von Frauen in ganz Asien die Möglichkeit geboten, ihre wirtschaftliche und soziale Stellung zu verbessern. Trotz zahlreicher Maßnahmen und Investitionen zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter im gesamten Sektor in den letzten Jahrzehnten bestehen jedoch nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede, von denen viele durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft worden sind. Dieser Bericht soll einen Beitrag zu einer gemeinsamen Wissensbasis darüber leisten, was im Bekleidungssektor funktioniert, und wichtige Maßnahmen zur Beseitigung der geschlechtsspezifischen Unterschiede im Bekleidungssektor in Asien aufzeigen. Im Bericht werden dafür die Erfahrungen aus verschiedenen Projekten zur Verbesserung der Gleichstellung der Geschlechter in der Bekleidungsindustrie beschrieben.

Better Buying "Deep Dive Report - Better” Win-Win Sustainable Partnership": Der Report untersucht die Auswirkungen von unternehmenseigenen Audits auf Zulieferer*innen und den Nachhaltigkeitsauswirkungen auf die Zulieferer*innen, die sich aus widersprüchlichen Anforderungen und gemischten Botschaften seitens der Einkäufer*innen ergeben, beispielsweise wenn eine Abteilung Überstunden abbauen möchte, während eine andere einen Zulieferer dazu drängt, einen engen Liefertermin einzuhalten. Die Key Takeaways sind: 1. Die Harmonisierung von Audits ist ein wichtiger Bestandteil jeder Agenda für einen verantwortungsvollen Einkauf. Die zeitlichen, finanziellen und sonstigen Ressourcen, die für Audits aufgewendet werden, lenken von anderen Verbesserungen am Arbeitsplatz ab, die sowohl direkt als auch indirekt den Arbeitnehmer*innen zugute kommen. 2. Mit einer Stimme über alle internen Abteilungen hinweg zu sprechen, schafft die Klarheit, die Lieferant*innen brauchen, um Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeitsziele zu machen. 3. Die Verwendung integrierter Scorecards, die sowohl wirtschaftliche als auch nachhaltigkeitsbezogene Kriterien umfassen, fördert ein ganzheitlicheres Verständnis der Leistung von Lieferant*innen und besser informierte Beschaffungsentscheidungen (Zusammenfassung).

Organic Cotton Accelerator "OCA Farm Programme Impact Report 20/21 - Accelerating the Organic Cotton Effect" (PDF): Der jüngste Bericht über die Auswirkungen des OCA-Programms unterstreicht, dass der Anbau von Biobaumwolle für die Landwirt*innen wirtschaftlich sinnvoll ist. Marken und Einzelhändler*innen, die am OCA-Farmprogramm teilnehmen, unterstützen finanziell die wichtigen Dienstleistungen, die den Landwirt*innen zur Verfügung gestellt werden, von der Schulung in ökologischen Verfahren über die Lieferung von Saatgut und Bio-Inputs bis hin zur Beschaffung zu einem Premiumpreis. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Landwirt*innen im Rahmen des OCA-Farm-Programms um 180% im Vergleich zur vorangegangenen Saison (in der Baumwollsaison 2021/22 werden bis zu 80 000 Landwirt*innen teilnehmen). Diese Landwirt*innen erwirtschafteten mit ihrer Baumwolle pro Hektar durchschnittlich 21% mehr Nettogewinn als ihre lokalen Nicht-Bio-Kollegen. Eine Kombination aus Prämien für die Landwirte und niedrigeren Produktionskosten, die die geringeren Erträge der Biobauern ausgleichen, führt dazu, dass die Programmlandwirte im Vergleich zu konventionellen Landwirt*innen wirtschaftlich besser dastehen.

European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) "European Commission's proposal for a directive on Corporate Sustainability Due Diligence - A comprehensive analysis" (PDF): ECCJ begrüßt den lang erwarteten Vorschlag für ein EU-LIeferkettengesetz. Laut ECCJ könnte diese Richtlinie ein Meilenstein auf dem Weg sein, die negativen Auswirkungen von Unternehmen auf Arbeitnehmer*innen, Gemeinden und die Umwelt weltweit zu minimieren und die Verantwortlichkeit und Gerechtigkeit von Unternehmen zu fördern. Doch trotz vieler positiver Elemente bleibe der Vorschlag in zahlreichen grundlegenden Punkten hinter seinen Möglichkeiten zurück. Der Text sei voller Unzulänglichkeiten, die die positiven Auswirkungen des Gesetzes auf die Menschenrechte und die Umwelt drastisch einschränken könnten. Diese müssten im Laufe der folgenden Verhandlungen deutlich verbessert werden. In der Analyse wird u.a. zu folgenden Punkten Stellung genommen: Zivilrechtliche Haftung und Zugang zur Justiz, Materieller Geltungsbereich, Umfang der Wertschöpfungskette, Sorgfaltspflichten, Klimaverpflichtungen, Geltungsbereich der Unternehmen.

News

Geschlechtsspezifische Gewalt: Im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu wurde die Arbeiterin Jeyasre (20 Jahre) am 5. Januar 2021 von ihrem Aufseher vergewaltigt und ermordet. Das Worker Rights Consortium (WRC) führte daraufhin im Auftrag von H&M eine unabhängige Untersuchung durch. Es folgten Gespräche zwischen H&M und Eastman einerseits sowie der Gewerkschaft Tamil Nadu and Common Union (TTCU) andererseits. Das Ergebnis ist ein rechtlich bindendes Abkommen gegen geschlechtsspezifische Gewalt. Die Vereinbarung sieht vor, dass alle Beschäftigten, Vorgesetzten und Führungskräfte eine Schulung zum Thema geschlechtsspezifische Gewalt absolvieren müssen und dass die TTCU weibliche Beschäftigte als "Shopfloor Monitor" einstellt und ausbildet, die dafür sorgen, dass Frauen vor verbaler Belästigung und sexueller Einschüchterung geschützt werden. Neben FEMNET berichtete auch The Guardian. Mehr Infos zur Kampagne Justice for Jeyasre hier.

Gender: Das Textilbündnis veröffentlicht Leitlinien zur Erhebung geschlechtsspezifischer Daten. Die beiden neuen Leitfäden zeigen, wie Unternehmen Frauen bei der Erhebung von Daten besser berücksichtigen können. Insbesondere Erhebungen zu Gewalt und Belästigung, Gesundheit und Sicherheit, Löhnen und Beschwerden sollten nach Geschlechtern unterscheiden. Wenn es Unternehmen gelingt, gendersensible Daten zu erheben und richtig zu interpretieren, können sie gezielt dort Maßnahmen einleiten, wo (weibliche) Beschäftigte besonderen Schutz oder Verbesserungen der Arbeitsbedingungen benötigen. 82 Organisationen (u.a. Business & Human Rights Resource Centre, CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Clean Clothes Campaign) unterzeichneten einen offenen Brief an die EU mit der Forderung den Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz nachzubessern, um geschlechtsspezifische Ungleichheiten und Diskriminierung in globalen Wertschöpfungsketten zu bekämpfen (PDF). Auch in einem Blogbeitrag sprechen Franziska Korn (Friedrich-Ebert-Stiftung) und Karolin Seitz (Global Policy Forum) sich für die Aufnahme geschlechtsspezifischer Kriterien in das EU-Lieferkettengesetz aus und weisen auf derzeitige Lücken im Entwurf hin, wie z.B. einen fehlenden Verweis auf ILO-190.

Produktionsländer

Marokko: Die langjährige Arbeit zum Aufbau gewerkschaftlicher Macht in Marokko hat zur Gründung von zwei neuen nationalen Gewerkschaften in der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie in der Metallindustrie geführt. Beide Gewerkschaften gehören dem größten nationalen Zentrum Marokkos, der UMT, an. Der UMT-Generalsekretär Miloudi Moukharik lobte die Kämpfe der Arbeitnehmer*innen angesichts der systematischen Angriffe auf die Rechte und Errungenschaften der Arbeitnehmnden und kritisierte die Unternehmen, die die Gewerkschaftsarbeit einschränken.

Indien: Aus Daten des Handelsministeriums geht hervor, dass zwischen 2019 und 2021 mehr als 180 Bekleidungsfabriken in Karnataka geschlossen wurden, wodurch etwa 32 500 Menschen, davon 66% Frauen, arbeitslos wurden. Die Gewerkschaft der Bekleidungs- und Textilarbeiter (GATWU) hält jedoch selbst diese Zahlen für stark unterschätzt. Die Präsidentin der Organisation, Pratibha R, sagte, dass allein in Karnataka während der ersten beiden Wellen von Covid-19 400.000 Bekleidungsarbeiter*innen ihren Arbeitsplatz verloren hätten und dass eine beträchtliche Anzahl von ihnen keine rechtmäßige Entschädigung oder Abfindung erhalten habe. Beamte des Tamil Nadu Pollution Control Board (TNPCB) haben acht textilverarbeitenden Betrieben in Erode (eine Färberei, zwei Bleichereien und fünf Druckereien) die Stromzufuhr unterbrochen, weil sie Abwässer in die offene Kanalisation einleiteten. Die Abflüsse münden in Kanäle, die schließlich in den Fluss Cauvery fließen. Das Team stellte auch fest, dass die Kläranlagen nicht in Betrieb waren. Die GIZ hat sich (im Rahmen des Förderprogramms develoPPP des BMZ) mit dem Textilhersteller Concordia Textiles und der nachhaltigkeitsorientierte Projektentwickler Enviu zusammengetan und die Partnerschaft „Putting Waste to Work“ ins Leben gerufen, die bis 2024 rund 40.000 Tonnen Textilabfälle sortieren und von der Deponie fernhalten und über 5.000 Arbeitsplätze schaffen soll. In drei Jahren wollen die Partner eine kommerzielle Wertschöpfungskette für die Textilabfallbewirtschaftung und somit Indiens erstes kommerzielles Sortierzentrum für Textilabfälle aufgebaut haben.

Sri Lanka: Die wirtschaftliche Lage Sri Lankas, das stark vom Tourismus abhängig ist, hat sich durch die Covid-19-Pandemie verschlechtert. Die Preise für lebenswichtige Güter wie Treibstoff, Medikamente, Milch und Weizen sowie die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr sind in die Höhe geschossen. Die Gewerkschaften fordern daher Lohnerhöhungen, damit die Arbeiter*innen überleben können.

Unternehmen im Textilbündnis

Gerry Weber hat im Geschäftsjahr 2021 laut vorläufigen Zahlen deutlich besser abgeschnitten als geplant: Das Unternehmen erreichte beim Vorsteuerergebnis (Ebitda) ein Plus zwischen 25 u. 30 Mio. Euro. Abzüglich einer Überbrückungshilfe in der Corona-Pandemie von 29,1 Mio. Euro liegt das Geschäftsergebnis damit besser als das prognostizierte Minus.

H&M hat das erste Quartal des Geschäftsjahres 2021/22 mit schwarzen Zahlen abgeschlossen, aber die Markterwartungen deutlich verfehlt. Zwar konnte der Konzern einen Nettogewinn von 21 Millionen Euro erzielen, die Markterwartungen hatten allerdings im Schnitt bei 135 Mio. Euro gelegen. Das Unternehmen erklärte, dass höhere Frachtkosten, die anhaltenden Folgen der Pandemie sowie gesteigerte Investitionen in die Stärkung der Lieferkette und den Ausbau der Technologie-Kapazitäten das Ergebnis im ersten Quartal belastet hätten. In den ersten Wochen des zweiten Quartals zeichneten sich zudem die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine ab. Wie aus dem Quartalsbericht des schwedischen Unternehmens hervorgeht wird die H&M-Gruppe in diesem Jahr 240 Geschäfte schließen.

Ursprünglich hieß es, nur 79 Filialen des angeschlagenen Modefilialisten Orsay würden in Deutschland schließen. Aus Immobilienkreisen wurde dann bekannt, dass offenbar alle deutschen Standorte der Orsay GmbH ihre Mietverträge bis zum 1. Juli 2022 gekündigt hätten.