Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Fair Wear "Addressing excessive overtime through better purchasing practices: root causes and solutions" (PDF): Fair Wear bewertet im Rahmen seines jährlichen Brand Performance Checks die Bemühungen seiner Mitglieder, exzessive Überstunden in ihren Lieferketten zu verhindern und abzumildern. Der Leitfaden führt verschiedene Ursachen für übermäßige Überstunden auf Marken- und Lieferantenebene auf und benennt Lösungen, Instrumente und Prozesse, die die Ursache verhindern oder abschwächen können. Die Mehrheit der hierfür befragten Bekleidungsarbeiterinnen gab an, dass sie in der Hochsaison, wenn Produktionsdruck und Überstunden anfallen, Gewalt und Belästigung erleben. Außerdem sind Bekleidungsarbeiterinnen, die bis in die späten Abendstunden Überstunden machen, auf dem Heimweg in der Dunkelheit der Gefahr von Belästigung und Gewalt ausgesetzt.

apparel impact institute & Fashion for Good "Unlocking the Trillion-Dollar Fashion Decarbonisation Opportunity: Existing and innovative solutions" (PDF): Der Bericht schätzt die Emissionsreduzierung bestehender und innovativer Lösungen ab und berechnet den Finanzbedarf, der erforderlich ist, um sie in großem Maßstab umzusetzen und die Modebranche bis 2050 auf ein Netto-Null-Niveau zu bringen. Die Analyse zeigt, dass schätzungsweise 1 Billion Dollar erforderlich ist, um die Dekarbonisierung der Modeindustrie bis 2050 zu finanzieren. Die Autor*innen schätzen, dass 47% der CO2-Reduzierungen durch die Umsetzung bestehender Lösungen erreicht werden, 39 % durch die Skalierung innovativer Lösungen und 14% durch andere Lösungen - einschließlich des Abbaus von Überproduktion, der Verbesserung der Materialeffizienz und der Skalierung von Kreislaufgeschäftsmodellen.

canopy "Hot Button Report - Detailed Matrix of Viscose Producer Performance (2021 Edition)": Mehr als 455 globale Marken haben sich der CanopyStyle-Initiative angeschlossen und sich verpflichtet, die Nutzung alter und gefährdeter Wälder für Viskose- und andere Zellulosestoffe zu unterbinden und Textilien aus innovativen Fasern zu bevorzugen. Im Hot-Button-Ranking wurden dafür zahlreiche Viskoselieferant*innen analysiert. Die Hälfte der weltweiten Viskoselieferant*innen haben sich für den "Green Shirt"-Status qualifiziert; 74% lassen sich freiwillig auditieren.

WikiRate "What does transparency mean for the largest 100 apparel companies?": In dieser Fallstudie werden neue und bestehende Informationen über die Transparenz der Lieferkette und Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten (ESG) der 100 größten Bekleidungsunternehmen zusammengestellt. Fast ein Drittel der Bekleidungsunternehmen veröffentlicht keinen aktuellen Bericht mit Nachhaltigkeitsinformationen und nur die Hälfte teilt beispielsweise Informationen über ihre Treibhausgasemissionen mit. Die Daten für die Analyse wurden durch das Crowd-Knowledge von 335 Wissenschaftler*innen, Student*innen und Freiwilligen zusammengertragen. Auch die Textilbündnis-Unternehmen Adidas, Hugo Boss, H&M, Puma und Gerry Weber wurden untersucht.

News

Higg-Index: Im Jahr 2011 hat die Sustainable Apparel Colatiion (SAC) den Higg-Index ins Leben gerufen, ein Instrumentarium zur Messung von Nachhaltigkeit. Um mehr über den Higg-Index zu erfahren und wie er sich in Zukunft entwickeln könnte, sprach FashionUnited mit Jeremy Lardeau, dem Vizepräsidenten von SAC. Der Higg-Index besteht aus einem Kernsatz von fünf Instrumenten, die die soziale und ökologische Bilanz der Wertschöpfungskette und die Umweltauswirkungen von Produkten in Bereichen wie Wasserverbrauch, Kohlenstoffemissionen und Arbeitsbedingungen bewerten. Mittlerweile nutzen 21.483 Unternehmen in 119 Ländern den Higg-Index und decken etwa 40% der Bekleidungs-, Schuh- und Heimtextilienindustrie ab. Im Mai wurde die erste Phase des Higg-Index-Transparenzprogramms gestartet, ein Instrument zur öffentlichen Weitergabe von Daten über die Umweltauswirkungen eines Produkts. Ziel der SAC ist es, dass 100% aller Teilnehmenden bis 2025 eine öffentlich zugängliche Bewertung ihrer Nachhaltigkeitsleistung vorweisen können.

Koalitionsvertrag: Die Koalitionsparteien haben vergangene Woche ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag vorgestellt. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird an die SPD gehen. Die neue Regierung will Chinas Menschenrechtsverletzungen (besonders in Xinjiang) thematisieren. Zudem wollen SPD, FDP und Grüne ein wirksames EU-Lieferkettengesetz unterstützen und das deutsche ggf. verbessern. Das von der EU vorgeschlagene Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit wird ebenfalls unterstützt. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Unternehmen und der Zivilgesellschaft sollen existenzsichernde Löhne weltweit angestrebt werden. Auch sollen soziale Sicherungssysteme über ein internationales Finanzierungsinstrument (Global Fund for Social Protection) unterstützt werden. Auch das Engagement für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit der Zivilgesellschaft im Inland soll gestärkt werden.

Produktionsländer

Myanmar: Vice berichtet über die Textilarbeiter*innen in Myanmar, die weiterhin stark unter den Repressalien des Militärs leiden. Im Bericht erzählen Arbeiter*innen von Razzien in den Bekleidungsfabriken. Häufig sind die Angestellten des Managements der Fabriken für die Junta als Informant*innen tätig, so auch in der Fabrik Gasan Apparel. Die Unternehmensleitung habe mit dem Militär zusammengearbeitet und den Sicherheitskräften die Namen von Gewerkschaftsführer*innen mitgeteilt. Am 9. November wurde ein Personalleiter der Fabrik Rui-Ning, von einer zivilen Anti-Junta-Widerstandsgruppe namens Yangon Eagle ermordet, die ihn beschuldigte, über Arbeiter*innen zu berichten. Arbeiter*innen erzählen, er habe immer damit gedroht, dass er das Militär rufen würde, um sie zu verhaften. Im März, einen Monat nach dem Putsch, verhängte das Regime das Kriegsrecht über Yangon, die größte Stadt des Landes und ein Zentrum der Bekleidungsindustrie. Seitdem müssen Frauen auf dem Weg zur Arbeit Militärkontrollpunkte passieren. Einige von ihnen werden um Bestechungsgelder erpresst oder verbal und sexuell belästigt.

Unternehmen im Textilbündnis

H&M: Die H&M-Gruppe will bis 2040 eine klimapositive Wertschöpfungskette erreichen, u.a. durch Energieeffizienz, Strom aus erneuerbaren Energien und die Umstellung auf ein zirkuläres Geschäftsmodell. Die Emissionen sollen alle zehn Jahre um 50% reduzieren werden, bis 2030 wird eine Reduktion von 56% angestrebt (Basisjahr 2019). Ab Januar 2022 sollen deswegen keine Betriebe mehr in die Lieferkette aufgenommen werden, die für den Betrieb ihrer Anlagen Kohle-basierte Energie verwenden.

Gerry Weber veröffentlicht eine neue Nachhaltigkeitsagenda mit 25 Nachhaltigkeitszielen. Zu den Zielen gehören beispielsweise die Klimaneutralität der Unternehmenszentrale in Halle bis 2023, das Vorantreiben der Kreislaufwirtschaft und die sukzessive Erhöhung nachhaltiger Rohstoffe in den einzelnen Produkten, u.a. ein 100-prozentiger Anteil ökologischer Baumwolle bis 2025. Der Umsatz des Unternehmens sank von Januar bis September um 16,1% auf 191,5 Mio. Euro. Trotz des Risikos möglicher erneuter Auswirkungen der Corona-Pandemie erwartet Gerry Weber im laufenden Geschäftsjahr einen Umsatz zwischen 260-280 Mio. Euro.