Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Ocean Wise "Domestic laundry and microfiber pollution": Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass es möglich ist, die Verschmutzung durch Mikrofasern (Länge <5mm) durch eine Kombination von Lösungen für die Haushaltswäsche, die Herstellung und das Textildesign drastisch zu reduzieren. Die Studie zeigt auch Maßnahmen auf, die Bekleidungsmarken und -hersteller ergreifen können, um den Verlust von Mikrofasern zu verringern. Drei Key Takeaways: Getestete Flusenfilter fangen bis zu 90% der Mikrofasern aus der Haushaltswäsche auf und stellen eine Lösung für die Verbraucher*innen dar. Die meisten Fasern werden in der Regel bei der ersten Wäsche freigesetzt - die Entfernung überschüssiger Fasern am Herstellungsort und die Erforschung von Designlösungen zur Minimierung dieses Abfalls stellen eine große Chance für Bekleidungsunternehmen dar.

Ellen Mac Arthur Foundation "The Jeans Redesign" (PDF-Datei): Das Projekt bringt 31 Marken und Einzelhändler*innen, 26 Bekleidungshersteller*innen, 21 Stofffabriken und 9 Wäschereien zusammen (u.a. C&A und H&M). Die Leitlinien für die Neugestaltung von Jeans sollen führende Marken, Fabriken und Hersteller ermutigen, die Art und Weise der Herstellung von Jeans zu verändern. Sie basieren auf den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft und sind eine Blaupause für kollektives Handeln, um die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Der Bericht zeigt die Hindernisse, Lösungen und Innovationslücken auf, mit denen die Teilnehmer*innen zwischen März '19 und Juni '21 konfrontiert waren.

Accelerating Circularity "Putting Textiles to Good Use" (PDF-Datei): Die Mission von Accelerating Circularity sei es, Systeme einzuführen, die den in bestehenden Textilien enthaltenen Wert und die darin enthaltenen Ressourcen für neue Produkte zu nutzen, dadurch Textilabfälle zu reduzieren und somit zur Verringerung der Treibhausgasemissionen der Branche beizutragen. Im "Business Case for Circularity" werden ökologische, soziale, ökonomische und politische Ziele erfasst, die für eine kreislauffähige Bekleidungsindustrie nötig seien (seite 4-5). Diese sind allerdings hauptsächlich auf das Recycling vorhander Textilien ausgelegt. Eine Versuchsrunde startet im September und wird bis Anfang '23 evaluiert. Im Steuerungskreis auf amerikanischer Seite stehen u.a. Gap und Target, auf europäischer Ebene u.a. Zalando und Inditex. Finanziert wird der Zusammenschluss u.a. von Gap und Walmart.

News

Unternehmensverantwortung: Im Artikel "The corporate accountability paradox" vom Business & Human Rights Resource Centre werden freiwillige Sorgfaltspflichten von Unternehmen untersucht. Während der Pandemie habe sich gezeigt, dass Unternehmen ihre zuvor gemachten Versprechungen im Ernstfall nicht einhalten. Die Reaktion der Bekleidungsindustrie und das Fehlen von sozialen Schutzmaßnahmen zeigten, dass die Initiativen der Marken die Lücke im staatlichen Schutz in den Produktionsländern nicht schließen konnten und möglicherweise sogar verhindert haben, dass die Lücke durch bessere Gesetze geschlossen wird. Seit den 90ern traten Dutzende Marken Multi-Stakeholder-Initiativen (MSI) bei und verpflichteten sich, dass ihre Zulieferer*innen Standards einhalten, die auf den Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) basieren. Häufig sei jedoch nicht ausreichend definiert, wie die Arbeiter*innen zu ihrem Recht kommen können.    

Menschenrechtliche Sorgfaltspflichten: In einem weiteren Artikel fasst das Business & Human Rights Resource Center derzeitig diskutierte Ansätze zu Sorgfaltspflichten (Due Diligence) zusammen. Unter den Ansätzen habe sich die von den Arbeitnehmer*innen ausgehende Sorgfaltspflicht als am wirksamsten erwiesen. Dazu gehören die Schulung von Arbeitnehmer*innen, um sicherzustellen, dass sie ihre Rechte kennen und sich für deren Schutz einsetzen, sowie die Einbeziehung der Arbeitnehmer*innen in Risikobewertungen, die Gestaltung oder Anwendung von Beschwerdemechanismen und die Überwachung (worker-driven monitoring) selbst. Unternehmen, die sich auf diese Weise engagieren, seien am besten in der Lage, ihre Ansätze mit neuen Gesetzen in Einklang zu bringen.

Baumwolle: Die gesamte Baumwollwertschöpfungskette - von den Erzeuger*innen und Verarbeiter*innen bis hin zu Marken, Einzelhändler*innen und Händler*innen - ist zunehmend Klimarisiken ausgesetzt, darunter steigende Temperaturen, Veränderungen der Wasserverfügbarkeit und extreme Wetterereignisse. Damit der Baumwollsektor und die Textilindustrie im weiteren Sinne in einer zunehmend klimabedingten Welt gedeihen können, sind radikale Veränderungen erforderlich, die nur durch sektorweite gemeinsame Maßnahmen zum Verständnis und zur Anpassung an das sich verändernde Klima erreicht werden können. Die Ressourcen auf der Website vom Forum for the Future sollen es den Akteure*innen der Baumwollindustrie ermöglichen, die schwerwiegenden künftigen Herausforderungen für die Baumwollproduktion besser zu verstehen und ehrgeizigere Maßnahmen zur Emissionsreduzierung und zum Aufbau der Widerstandsfähigkeit des Sektors anzuregen. Hierzu gehören Reports (PDF-Datei), ein Webinar und eine interaktive Karte, die klimatische Risiken in den globalen Baumwollanbauregionen aufzeigt.

Produktionsländer

Kambodscha: 32 Gewerkschaften und Organisationen haben einen "Joint Letter of Demands to Brands" verfasst, in dem sie die Unternehmen auffordern, den lokalen Arbitration Council zu unterstützen und sicherzustellen, dass dieser effektiv und ungehindert arbeiten kann: In der Pandemie haben zehntausende Arbeiter*innen ihren Job verloren und keine ausreichenden Entschädigungszahlungen bekommen, obwohl das Arbeitsgesetz dafür klare Vorgaben definiert hat. Trotz der Klarheit des Gesetzes weigert sich der Arbitration Council, angesichts zunehmender staatlicher Kontrolle aufgrund eines Schreibens des Ministeriums für Arbeit und Berufsbildung an einen Arbeitgeberverband über Streitigkeiten in diesen Fragen zu entscheiden. Textilarbeiter*innen haben somit den einzigen legitimen Beschwerdemechanismus verloren, der ihnen zur Verfügung steht. Der Wunsch der Stärkung des Arbitration Councils wurde von zivilgesellschaftlichen Mitgliedern auch bereits an die Unternehmen im Textilbündnis weitergetragen.

Bangladesch: Nachdem die Regierung Ende Juli nicht auf das Drängen der Fabrikbesitzer*innen einging, die Fabriken während des nationalen Lockdowns offen zu lassen, machten sich zahlreiche Arbeiter*innen auf den Weg in ihre Heimatdörfer. Am Sonntag beschloss die Regierung nun, dass die exportierenden Fabriken doch schon früher wieder ihre Arbeit aufnehmen können. Hunderttausende, die in ihre Dörfer zurückgekehrt waren, um das Eid al-Adha-Fest zu feiern und den Lockdown bei ihren Familien zu verbringen, fuhren mit überfüllten Zügen, Bussen und Fähren wieder zurück nach Dhaka. Fabrikbesitzer Mostafiz Uddin spricht sich für ein erweitertes soziales Sicherheitsnetz für die Textilarbeiter*innen aus, das nicht nur bei Arbeitsunfällen und Todesfällen greift, sondern auch bei Lohnausfällen und fehlenden Abfindungszahlungen greift. Er schlägt dafür einen Fonds vor, in dem 0,5% des jährlichen Exportwertes eingezahlt werden. Als mögliche Alternative nennt er einen "severence guarantee fund", der von NGOs vorgeschlagen wird und Abfindungszahlungen garantieren soll. In beiden Fällen wäre es nötig, dass Unternehmen ein verbindliche Abkommen mit ihren Lieferant*innen abschließen.

Vietnam überholt Bangladesch bei Bekleidungsexporten. Damit folgt Vietnam hinter China, dem weiterhin größten Exportland. Bangladesch liegt nun an dritter Stelle. Bangladesch hat durch die Pandemie stark gelitten; Vietnam ist zunehmend zu einem attraktiven Exporteur geworden: Das Land verfügt über eine vergleichsweise bessere Lieferketten-Infrastruktur als Länder wie Indien und Bangladesch; die vietnamesische Währung ist im Verhältnis zum US-Dollar stabil, sodass es kaum zu Preisschwankungen kommt; es besteht ein Vorteil durch die geografischen Nähe Vietnams zu China, wodurch die Beschaffung von Rohstoffen und Maschinen erleichtert wird; Vietnam ist politisch stabil und die Menschen haben einen besseren Zugang zur Bildung und Gesundheitsversorgung.

Tansania: IndustriALL berichtet über Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigungen in den Textilfabriken Tansanias. Um diesen Missständen ein Ende zu bereiten, initiierte die Gewerkschaft Tanzania Union of Industrial and Commercial Workers (TUICO) eine fünftägige Konferenz abgehalten. Zudem setzt sich die Gewerkschaft für die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 190 über Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz ein. TUICO hat nach eigenen Angaben auch Mechanismen für die Meldung von Fällen von geschlechtsspezifischer Gewalt eingerichtet, die die betroffenen Arbeitnehmerinnen dazu ermutigen, ihre Kolleg*innen zu informieren, sich beim Betriebsrat zu melden, Anzeige bei der Polizei zu erstatten und die Angelegenheit vor Gericht oder zur Schlichtung zu bringen.

Pakistan: Das Europäische Parlament kritisiert den Missbrauch der Blasphemiegesetze im Land und befürwurtet den Entzug der Handelspräferenzen laut APS+ (Allgemeines Präferenzsystem). Die Parlamentarier*innen geben an, dass die Blasphemiegesetze dazu benutzt werden, "zu Schikanen, Gewalt und Mord gegen die Beschuldigten anzustiften, so dass Menschen, die der Blasphemie beschuldigt werden, unabhängig vom Ausgang der Gerichtsverfahren um ihr Leben fürchten müssen". Ein solcher Schritt, der offenbar von der Mehrheit des Hauses unterstützt wird, würde Exporte von Pakistan in die EU stark einschränken.

Myanmar: Die World Bank Group untersucht im Myanmar Economic Monitor (PDF-Datei) die derzeitige Situation des Landes und beleuchtet die finanziellen Auswirkungen des Putsches und der Coronakrise auf die Wirtschaft. Außerdem wird eine Beschwerde gegen ein Telekommunikationsunternehmen vor der norwegischen OECD-Kontaktstelle geführt, in dem es um den Umgang des Unternehmens mit menschenrechtlichen Risiken im Zusammenhang mit dem Militärputsch geht.

Unternehmen im Textilbündnis

Adler schließt etwa 40 Filialen in Deutschland. Dies sieht der Insolvenzplan des Unternehmens vor, durch den die Insolvenz in Eigenverantwortung bis Ende August beendet werden soll (in Österreich, Luxemburg und der Schweiz schließen keine Filialen). Ende März beschäftigte Adler noch rund 3160 Mitarbeiter, durch die geplante Neuaufstellung fällt die Zahl unter 3000, auf 2600.