Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Greenpeace "Nachhaltigkeit ist tragbar" (PDF): Greenpeace hat eine repräsentative Umfrage zu Kaufverhalten, Tragedauer und Nutzung der Alternativen zum Neukauf von Mode (z.B. Second Hand kaufen, Kleidung tauschen, leihen, reparieren, selbst herstellen) herausgegeben, in der die Selbstauskünfte der Bevölkerung mit ähnlichen Fragestellungen aus den Jahren 2015 und 2019 verglichen werden. Laut der Umfrage sind deutsche Kleiderschränke weniger voll als vor sieben Jahren: Im Schnitt besitzt nun jede*r Deutsche 87 Kleidungstücke, acht weniger als 2015. In absoluten Zahlen sind das 340 Millionen Teile, die nicht mehr in Schubladen liegen oder auf Kleiderbügeln hängen. Das Bewusstsein der Deutschen für einen nachhaltigeren Umgang mit Mode ist in den letzten sieben Jahren spürbar gestiegen. Nachhaltigkeit ist bei der Kaufentscheidung erstmals wichtiger geworden als der Preis. Auch die Bereitschaft das eigene Verhalten zu ändern, ist durch alle Altersgruppen hinweg gestiegen. So sind heute schon zwei Drittel der Bevölkerung bereit, weniger neue Kleidung zu kaufen - und die überwiegende Mehrheit von 89% hat vor, vorhandene Kleidung länger zu tragen. Immer mehr Menschen (mittlerweile 58%) sind der Meinung, Unternehmen sollten zu Rücknahme und Recycling von Kleidung verpflichtet werden. 

McKinsey & Company "Scaling textile recycling in Europe–turning waste into value" (PDF): In dem Bericht wird vor allem auf das Faser-zu-Faser-Recycling eingegangen, durch das zur Zeit lediglich 1 % des Textilabfalls recycelt wird. Dieser Bereich ist jedoch laut McKinsey durch rasante Innovationen gekennzeichnet. Einige Technologien, wie das mechanische Recycling von reiner Baumwolle, sind bereits etabliert. Andere Technologien, wie das chemische Recycling von Polyester, sind Gegenstand intensiver Forschung und Entwicklung und stehen kurz vor der Kommerzialisierung. Sobald sie ausgereift sind, könnten nach Schätzungen insgesamt 70 % der Textilabfälle Faser-zu-Faser recycelt werden (bis 2030 bereits 18-26%). Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssen die Technologien für das Faser-Faser-Recycling ihre Fähigkeit, Fasermischungen zu verarbeiten, weiter ausbauen, Kosten senken und die Outputqualität verbessern. Sobald diese Technologien ausgereift sind und eine gewisse Größe erreicht haben könnten sie bis 2030 zu einer eigenständigen, rentablen Branche mit einem Gewinn von 1,5 bis 2,2 Mrd. Euro werden. Zudem könnten durch sie bis 2030 4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden. Um diese Chance zu nutzen, sind vor allem Zusammenarbeit und entsprechende Innovationen nötig. 

TextileExchange "2025 Recycled Polyester Challenge" (PDF) & "2025 Sustainable Cotton Challenge" (PDF): TextileExchange informiert in den beiden Jahresberichten über Fortschritte der kooperierenden Unternehmen (Cotton: u.a. ALDI NordAdidasC&AH&M und Otto; Polyester u.a. AdidasH&MHugo Boss und Puma) im Bereich von recyceltem Polyester bzw. nachhaltigere Baumwolle. Bei der Sustainable Cotton Challenge haben sich 162 Unternehmen dazu verpflichtet, bis 2025 100% ihrer Baumwolle aus einem oder mehreren der anerkannten Programme und Initiativen zu beziehen (z.B. Better Cotton (zur Zeit 50%) und Organic Cotton (17%)). 25% der Unternehmen haben dies bereits 2020 geschafft. Bei der Recycled Polyester Challenge verpflichten sich 132 Unternehmen, bis 2025 45-100% recyceltes Polyester zu nutzen; 56% der Unternehmen (74) verpflichten sich 100% des Virgin Polyesters durch recyceltes zu ersetzen. 31 % (41) haben ihre Gesamtmenge an Polyesterfasern von 2019 auf 2020 reduziert. Allerdings haben 18 % (24) ihre Gesamtmenge an Polyesterfasern erhöht. 

News

GreenwashingDie britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets AuthorityCMA) erklärte, sie wolle der Frage „auf den Grund gehen“, ob die drei Unternehmen AsosBoohoo und Asda ihre Kundschaft in Bezug auf die Nachhaltigkeit ihrer Produkte „in die Irre führten“. Der Schritt ist Teil der jüngsten Bemühungen der CMA, in allen Branchen gegen Greenwashing vorzugehen (siehe News Update der KW 5). Im September 2021 veröffentlichte die Aufsichtsbehörde den „Green Claims Code“, in dem dargelegt wird, wie Unternehmen ihre Umweltfreundlichkeit ehrlich und genau kommunizieren können, ohne Kund*innen in die Irre zu führen. Die CMA wird nun ua. untersuchen, ob die Kriterien für die Aufnahme eines Produkts in die Nachhaltigkeitssortimente „niedriger sind, als Kund*innen vernünftigerweise erwarten können“. Als Beispiel werden Produkte genannt, die nur zu 20 Prozent aus recyceltem Material bestehen. Schließlich will die CMA untersuchen, ob Aussagen über Akkreditierungssysteme und -standards für Textilien möglicherweise irreführend sind, zum Beispiel wenn nicht klar ist, ob sich diese auf bestimmte Produkte oder auf die allgemeinen Praktiken des Unternehmens beziehen. Die Unternehmen haben sich öffentlich zur Kooperation mit der CMA bereit erklärt

Lage der Wirtschaft: Der Handelsverband (HDE) misst die Verbraucherstimmung mit einem Konsumbarometer. Dieser Index-Wert ist Anfang August auf unter 87 gefallen und damit auf einem Allzeittief. Auch die folgenden Monate sei mit einer schwachen Konsumstimmung zu rechnen. Hintergrund ist demnach die Unsicherheit rund um künftige Energiepreisentwicklungen. Angesichts der Diskussionen in den Medien, sorgen sich Menschen und Unternehmen auch um eine mögliche Rezession in Deutschland und bewerten die gesamtwirtschaftliche Lage pessimistisch. Industriepräsident Siegfried Russwurm sieht das Wirtschaftswachstum in Deutschland stärker in Gefahr als noch im Juni erwartet; damals ging der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) bereits nur noch von 1,5 % Wachstum für die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr aus. Auch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: In Folge der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine haben viele Unternehmen mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen. Dies sorgt für Lieferengpässe, die Handel und Verbraucher*innen zu spüren bekommen, wenn bestimmte Produkte nicht verfügbar sind. Die hinzu kommende Inflation trübt die Kauflaune zusätzlich. Nach einer am Dienstag veröffentlichten Studie mehrerer Institute könnten der Ukraine-Krieg und seine Folgen die deutsche Wirtschaft bis 2030 mehr als 260 Mrd. Euro an Wertschöpfung kosten. Im kommenden Jahr könnten zudem rund 240.000 Menschen weniger erwerbstätig sein als ohne Krieg. 

Produktionsländer

Kambodscha: 1. Die taz berichtet über Ergebnisse einer Greenpeace-Untersuchung die Hinweise auf die illegale Müllverbrennung und die Entsorgungswege namhafter Unternehmen (NikeRalph LaurenMichael KorsReebokNextDieselClarks) gefunden hat. Reste von Schuhen, Sweatshirts und Stoffen aus der Produktion globaler Kleidungsmarken landen in Kambodscha illegal im offenen Feuer von Brennöfen zur Ziegelproduktion. Die Verbrennung von Textilienverschnitt und Produktionsabfällen im offenen Feuer widerspricht sowohl kambodschanischen Gesetzen wie auch den selbstgesteckten Umwelt- und Sozialstandards der Unternehmen. Laut Greenpeace würden Emissionen steigen und die Arbeiter*innen hochgiftigen Dämpfen ausgesetzt. Seit Jahren kritisieren Expert*innen in den Ziegelbrennereien Kinderarbeit und Schuldknechtschaft, die als moderne Sklaverei bezeichnet wird. 2. Viele Fabrikarbeiter*innen haben nicht genug Geld, um nahrhaftes Essen zu sich zu nehmen und sind aufgrund der schlechten Ernährungsgewohnheiten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Häufig bestehen die Mahlzeiten lediglich aus Reis und Eiern, die Mahlzeiten sind zudem oft dreckig, verdorben und schlecht zubereitet. Eine Arbeiterin sagt "Da ich arm bin, ist es mir egal, ob das, was ich esse, nahrhaft ist oder nicht, solange ich Geld verdienen kann, um meine Familie zu unterstützen". 

Sri Lanka: Gewerkschaften und Arbeitsrechtsorganisationen wie die Clean Clothes Campaign und Labour behind the LabelMaquila Solidarity NetworkWar on Want und Workers United haben in einem Schreiben ihre Solidarität mit den Menschen in Sri Lanka zum Ausdruck gebracht. In dem Schreiben fordern sie die nationalen Regierungen, die internationalen Finanzinstitutionen, die Unternehmen des Privatsektors (einschließlich internationaler Marken und Einzelhändler*innen, die Bekleidung aus Sri Lanka beziehen) und andere Interessengruppen auf, ein Soforthilfeprogramm, mittel- und langfristige finanzielle Unterstützung und eine demokratische politische Lösung der Krise zu unterstützen. Die Bekleidungsindustrie Sri Lankas wurde von der Covid-19-Pandemie und der anschließenden Wirtschaftskrise schwer getroffen. Millionen von Textilarbeiter*innen leben heute am Existenzminimum und leiden zunehmend unter schwankenden Einkommen, instabilen Arbeitsplätzen und geringen Ersparnissen. In einer Erklärung, die Ende letzten Monats veröffentlicht wurde, warnte das Joint Apparel Association Forum (JAAF) vor "ernsthaften negativen Folgen", wenn die politischen Entscheidungsträger die umfassenden Reformen, die erforderlich sind, um den Inselstaat wieder auf Kurs zu bringen, weiterhin hinauszögern. Die Krise hat zu einer weit verbreiteten Lebensmittel-, Treibstoff- und Medikamentenknappheit, einer explodierenden Inflation (von 54%) und Massenprotesten geführt, bei denen der Rücktritt des Präsidenten gefordert wurde.