Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Business of Fashion (BoF) "The Sustainability Gap" (PDF-Datei): Der BoF Sustainability Index untersucht den derzeitigen Stand der Modeindustrie in Bezug auf Umwelt- und Sozialstandards. Bewertet werden dafür große Unternehmen, wie auch die Unternehmen im Textilbündnis AdidasPuma und H&M, in den Bereichen Transparenz, Emissionen, Wasser & Chemikalien, Materialien, Arbeitsrechte und Entsorgung. BoF gibt zudem ambitionierte Ziele an, wie z.B. komplette Transparenz in den Lieferketten bis 2022 und die Einführung eines Existenzlohns bis zum Jahr 2025. Keines der Unternehmen erreicht ein Ranking über 50 (von 100).

International Labour Organization (ILO) "Reducing the footprint? How to assess carbon emissions in the garment sector in Asia" (PDF-Datei): Die Studie erörtert auftretende Emissionen im Textil- und Bekleidungssektor und listet Tools, die diese Emissionen messbar machen können, um Einsparmöglichkeiten erkennbar zu machen.

ecos "Durable, repairable and mainstream - How ecodesign can make our textiles circular" (PDF-Datei): ecos kritisiert derzeitige Siegel und Zertifikate, da sie die Aspekte Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparaturfähigkeit und Recyclingfähigkeit nicht mitdenken. Der Grüne Knopf gehört zu den Siegeln, die keinen der vier Aspekte behandeln (Auflistung S.15). Es werden Empfehlungen zu den folgenden Themen gegeben: Berücksichtigung von Langlebigkeit im Design; leichtere Wiederverwendbarkeit, Reparaturfähigkeit, Upcyclingfahigkeit und Recyclingfähigkeit; Eliminierung toxischer Bestandteile; Mikroplastik; nachhaltige Materialien; erweiterte Herstellerverantwortung; Rückverfolgbarkeit und Transparenz.

Stephen j. Frenkel und Elke S. Schuessler "From Rana Plaza to Covid‐19: Deficiencies and Opportunities for a New Labour Governance System in Garment Global Supply Chains": Die Studie geht der Frage auf den Grund, welche Veränderungen es nach dem Rana Plaza Fabrikeinsturz bei arbeitsrechtlichen Vorschriften gegeben hat. Die Betrachtung geschieht durch das Konzept eines Labour Governance System (LGS). Abgesehen von Verbesserung bei der Gebäudesicherheit, hat es in anderen Bereichen wie Löhnen und Arbeitszeiten keine wesentlichen Veränderungen gegeben. Die Autorin und der Autor geben Vorschläge, wie das LGS verbessert werden kann.

Issara Institute "Repayment of Recruitment Fees to Workers" (PDF-Datei): Das Institut aus Thailand präsentiert vier Best Practices zur Rückzahlung von Recruitment Fees als eine Form der Wiedergutmachung von Opfern von Zwangsarbeitspraktiken.

News

ACCORDEmily Chan berichtet in der Vogue über Erfolge des ACCORDs und fordert ein verbindliches internationales Abkommen, das auf den ACCORD folgen und auch Aspekte wie Gewerkschatfsfreiheit und geschlechtsspezifische Gewalt beinhalten müsse. Labour behind the Label gibt bekannt, dass ASOS sich für ein Abkommen nach dem ACCORD aussprichtund fordert weitere Unternehmen auf, dich dem Vorstoß anzuschließen. Auch 180 internationale Investoren sprechen sich in einem Statement für ein Abkommen aus, das die Maßnahmen des ACCORDs weiterführt. Die CCCWorker Rights Consortium und andere NGO Witness Signatories des ACCORDs haben eine Studie (PDF-Datei) veröffentlicht, die nicht behobene Sicherheitsrisiken in Fabriken aufzählt, die für 12 führende Marken produzieren, die den ACCORD unterzeichnet haben. Die Daten zeigen, dass jede dieser Marken, darunter die Textilbündnismitglieder ALDI NordALDI SüdLIDLH&M und C&A, von Dutzenden von Fabriken bezieht, die es versäumt haben, Feueralarmanlagen, Sprinkleranlagen und/oder angemessene Notausgänge zu installieren. Diese Marken sollten dringend ein rechtsverbindliches Nachfolge-Abkommen zum ACCORD unterzeichnen, um sicherzustellen, dass diese Gefahren behoben werden.

Cotton made in Africa (CmiA) kooperiert mit der African Cotton Foundation (ACF). Durch den Zusammenschluss kann nun eine Co-Finanzierung bei der Aid by Trade Foundation beantragt werden, um innovative Maßnahmen z.B. im Bereich der integrierten Landwirtschaft zu fördern. AFC soll bei der Umsetzung bestimmter Maßnahmen, wie z.B. bei der Koordinierung von Trainings unterstützen.

ExistenzlöhneAndrew Morgan (Direktor von The True Cost) und Livia Firth (Eco-Age) veröffentlichen die Dokumentation "Fashionscapes: A Living Wage". In der Dokumentation wird u.a. die Arbeit der NGO The Circle und der Aktivistin Kalpona Akter gezeigt, die für die Zahlung von Existenzlöhnen kämpfen und sich gemeinsam für eine entsprechende EU-Gesetzgebung einsetzen.

Einkaufspraktiken: Die American Bar Association arbeitet an Mustervertragsklauseln, um Lieferant*innen und Einkäufer*innen bei Vertragsabschlüssen zu unterstützen. Mit den Model Contract Clauses (MCCs) sollen menschenrechtliche Sorgfaltspflichten in Verträgen verankert werden. Diese Klauseln könnten verhindern, dass sich Mode-Unternehmen aus der Verantwortung ziehen und ihre Stornierungen - wie zu Beginn der Krise - durch Bezug auf Vertragsklauseln zu höherer Gewalt legitimieren. Der Verband hat zudem einen Buyer Code of Conduct erstellt. Auch Fabrikbesitzer Mostafiz Uddin sieht eine rechtlich verbindliche Charta als einzig mögliche Lösung für faire Einkaufspraktiken: "The only real, long-term solution I can see is something legally-binding that the whole industry signs up to. This would be an industry charter, a set of minimum agreed conditions around brand purchasing which all buyers and sellers must adhere to."

Aus den Produktionsländern

Bangladesch: Der Daily Star fasst die Erkenntnisse mehrerer Studien zu Lohnbetrug zusammen: Laut einer Studie vom Centre for Policy Dialogue haben 96,4% der Fabriken die Gesetze zu Entschädigungszahlungen bei Entlassungen von Arbeiter*innen nicht eingehalten. Das Business & Human Rights Resource Center berichtet, dass 16 internationale Marken 10 Mrd. $ Profit machten, während deren ca. 10.000 Arbeiter*innen um Lohn betrogen wurden (siehe News Update KW 10). In der Studie vom Worker Rights Consortium werden die ausstehenden Zahlungen zahlreicher Fabriken im globalen Süden gelistet (siehe News Update KW 14). Im Fall der Fabrik A-One BD Ltd beläuft sich der Lohnbetrug auf 585.200$. Im Artikel kommen auch Arbeiter*innen der Fabrik Dragon Sweaters zu Wort. Arbeiterin Romesa arbeitete 23 Jahre in der Fabrik und bekam weniger als die Hälfte ihrer eigenen Zahlungen in den Provident Fund als Entschädigungszahlung.

Indien: Die Regierung in Karnataka kündigte einen 14-tägigen Lockdown an, bei dem auch die Textilfabriken schließen müssen. Die Garment and Textile Workers Union (GATWU) kritisiert, dass andere Industrien - wie Landwirtschaft und Bau - weiterhin arbeiten. Sie fordern die Regierung auf, die Fabriken bei 50%iger Auslastung offen zu lassen, damit Lieferfristen eingehalten werden können. Migrant*innen befinden sich im Zwiespalt: Einerseits fürchten sie um ihre Jobs, wenn sie in ihre Heimatorte zurückkehren, andererseits haben sie Angst, den Lockdown ohne Arbeit und Lohn nicht zu überstehen, falls dieser verlängert wird.

Kambodscha: In der Fabrik Star Master & Frank wurden 232 der 678 Arbeiter*innen positiv auf das Coronavirus getestet. Der Lockdown in Phnom Penh betrifft ca. 500.000 Textilarbeiter*innen. Das Arbeitsministerium sagt, dass es nicht möglichs sei, während des Lockdowns Löhne zu zahlen. Die Arbeiter*innen seien nun auf die Solidarität und die soziale Verantwortung der Fabrikbesitzer*innen angewiesen. Viele Arbeiter*innen werden nun von Hilforganisationen und der Regierung mit Essen versorgt. Die Regierung hat dazu aufgerufen, sich in einer Telegram-Gruppe zu melden, um Hilfe zu beantragen. In der Gruppe mit 45.000 Mitgliedern gab es 3400 Meldungen.

Vietnam: Die Textilindustrie kämpft mit einem Mangel an Arbeiterkräften. Viele Arbeiter*innen sind während der Pandemie in ihre Heimatorte zurückgekehrt und haben sich dazu entschieden, nicht wiederzukommen und in anderen Berufen zu arbeiten.

Unternehmen im Textilbündnis

Brands Fashion stellt das digitale Tracing Tool Tracycle (PDF-Datei) vor. Durch das Scannen eines QR-Codes soll Verbraucher*innen die komplette Wertschöpfungskette des Produktes transparent gemacht werden. Unklar bleibt, inwiefern diese Art der Lieferkettentransparenz auch Arbeiter*innen nutzen können, um Beschwerden über Missstände an das Unternehmen zu kommunizieren.