Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Defend Our Health "Problem Plastic: How Polyester and PET Plastic Can be Unsafe, Unjust, and Unsustainable Materials" (PDF): Defend Our Health untersuchte 20 beliebte, in Plastikflaschen verpackte, Getränke und fand in jeder einzelnen Flasche die krebserregende Kunststoffchemikalie Antimon. Dieser leber- und herzschädigende Zusatzstoff wird zur Beschleunigung der Endreaktion bei der Herstellung von PET-Plastik für Flaschen und andere Verpackungen sowie von Polyester für Kleidung und Plüschtiere verwendet. Kleidung und Textilien können sich mit der Zeit zersetzen, wodurch Mikroplastik und Antimon in unseren Wohnungen freigesetzt werden, sich im Staub ablagern und in unseren Körper gelangen können, wenn wir atmen, essen und Dinge in unserer Umgebung berühren.

ILO "World Social Protection Report 2020–22" (PDF): Der Bericht gibt einen globalen Überblick über die jüngsten Entwicklungen in den Sozialschutzsystemen. Trotz der beispiellosen weltweiten Ausweitung des Sozialschutzes während der COVID-19-Krise sind der ILO zufolge mehr als 4 Mrd. Menschen weltweit nach wie vor völlig ungeschützt (der Sozialschutz umfasst den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Einkommenssicherheit, insbesondere in Bezug auf Alter, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Behinderung, Arbeitsunfälle, Mutterschaft oder Verlust des Haupteinkommensbeziehers sowie für Familien mit Kindern). Derzeit sind nur 47 % der Weltbevölkerung tatsächlich durch mindestens eine Sozialschutzleistung abgesichert, während 4,1 Mrd. Menschen (53 %) überhaupt keine Einkommenssicherheit durch ihr nationales Sozialschutzsystem erhalten. Beim Sozialschutz gibt es erhebliche regionale Ungleichheiten. Europa und Zentralasien weisen mit 84 % der Menschen, die durch mindestens eine Leistung abgesichert sind, die höchsten Deckungsquoten auf. Der amerikanische Kontinent liegt mit 64,3 % ebenfalls über dem weltweiten Durchschnitt. In Asien und dem Pazifik (44 %), den arabischen Staaten (40 %) und Afrika (17,4 %) gibt es deutliche Versorgungslücken. Laut des "Regional Companion Report for Asia and the Pacific" (PDF) sind in Bangladesch und Sri Lanka lediglich 28,4% bzw. 36,4% der Arbeitnehmer*innen durch mindestens ein Sozialschutzsystem abgesichert. Indien gibt weniger als 5 % seines BIP für den Sozialschutz aus, so dass die Beträge, die im Rahmen von beitragsunabhängigen Leistungen überwiesen werden, in der Regel zu niedrig sind, um einen angemessenen Schutz zu bieten. Der Bericht stellt fest, dass drei von vier Arbeitnehmern im asiatisch-pazifischen Raum im Falle einer Krankheit oder eines Unfalls am Arbeitsplatz nicht geschützt sind.

News

existenzsichernde Löhne: Die Asia Floor Wage Alliance (AFWA) setzt ihre 13-jährige Tradition fort und veröffentlicht 2022 neue und überarbeitete Zahlen für existenzsichernde Löhne in asiatischen Produktionsländern für Bekleidung. Fast 20 Gewerkschaften aus sieben Partnerländern der AFWA in Asien wurden einberufen, um die Ergebnisse zu prüfen und über den endgültigen existenzsichernden Lohn abzustimmen. Somit wurden über 1600 Textilarbeiter*innen aus über 200 Fabriken befragt werden. Mit Verbauchsumfrage: Bangladesch, Kambodscha, Indien, Indonesien, Myanmar, Pakistan und Sri Lanka; ohne Verbrauchsumfrage: China, Thailand, Vietnam und die Philippinen. 

EU-Lieferkettengesetz: Nach einer Klausurtagung des Bundeskabinetts teilte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil letzte Woche mit, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen für ein EU-Lieferkettengesetz den Vorschlag der EU-Kommission unterstütztHeil erklärte, das deutsche Lieferkettengesetz habe bereits die Möglichkeiten für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen verbessert, ihre Rechte einklagen zu können, indem Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften in ihrem Namen vor deutsche Gerichten ziehen dürfen. Das geplante EU-Gesetz würde einen Schritt weitergehen und auch Schadenersatzklagen nach deutschem Recht ermöglichen. Am 06.09.22 startete zudem die EU-weite Kampagne Justice is Everybody's Business, bei der sich über 100 NGOs mit 10 konkreten Forderungen für ein starkes Lieferkettengesetz auf EU-Ebene einsetzen. Bereits über 60.000 Menschen unterstützen den Appell. 

TransparenzFrankreich könnte bald eine Verordnung erlassen, nach der jedes im Land verkaufte Kleidungsstück ein Etikett tragen muss, auf dem die genauen Auswirkungen auf das Klima angegeben sind. Die französische Agentur für den ökologischen Übergang (Ademe) testet derzeit anhand von 500 realen Kleidungsstücken 11 Vorschläge, wie Daten gesammelt und verglichen werden können - und wie das daraus resultierende Etikett für die Verbraucher*innen aussehen könnte. Die Europäische Union erwägt eine ähnliche Regelung für ihre übrigen Mitglieder.

Produktionsländer

Pakistan: Am Sonntag, den 11.09. jährt sich der Brand bei Ali Enterprises, bei dem über 250 Menschen starben, zum zehnten Mal. Da es immer noch keine verbindliche Vereinbarung zwischen den Bekleidungsmarken und den Gewerkschaften zum Schutz der Arbeiter*innen gibt, leben die pakistanischen Bekleidungs- und Textilarbeiter*innen heute noch immer unter genau denselben unsicheren Bedingungen. Ein neuer Bericht der Clean Clothes Campaign "Deadly Safety Hazards in Factories Supplying Major International Brands Show an Immediate Need for ACCORD Expansion to Pakistan" (PDF) enthüllt die Versuche von Marken wie H&MC&ABestseller und Zara, die Ausweitung des Internationalen Abkommens für Gesundheit und Sicherheit in der Textil- und Bekleidungsindustrie (ACCORD) zu verzögern

Bangladesch: Ende Juni hat die Regierung von Bangladesch in Zusammenarbeit mit Arbeitgeber*innen, Gewerkschaften, der ILO, Deutschland und den Niederlanden ein bahnbrechendes Pilotprojekt für die erste Arbeitsunfallversicherung des Landes für Bekleidungsarbeiter*innen erfolgreich auf den Weg gebracht. Dieses Pilotprojekt wird von der ILO seit 2015 durchgeführt. Dieses Pilotprogramm ist das Ergebnis von fast zehn Jahren Arbeit und erheblichem Druck seitens der bangladeschischen Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die von der Clean Clothes Campaignunterstützt werden. Um die lange Geschichte des EII-Pilotprogramms zu zeigen hat die Clean Clothes Campaign eine Zeitleiste des Prozesses zusammengestellt.

Unternehmen im Textilbündnis

Der Umsatz von Tchibo legte in 2021 um 4% auf gut 3,25 Mrd. Euro zu. Der Gewinn von 176 Mio. Euro ist fast doppelt so hoch ausgefallen wie im Vorjahr (90 Mio. Euro). Für das laufende Jahr äußert sich das Unternehmen allerdings wenig optimistisch aufgrund der anhaltend gestörten Lieferketten, dem Krieg in der Ukraine, steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie eine nachlassende Konsumlust der Verbraucher*innen.

Esprit musste in einer Pflichtmitteilung vor einem deutlichen Umsatz- und Ergebnisrückgang in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres 2022 warnen. Vorläufigen Zahlen zufolge belief sich der Umsatz von Januar-Juni auf knapp 3,63 Mrd. Hongkong-Dollar (465 Mio. Euro). Damit lag er um etwa 6% unter dem entsprechenden Vorjahresniveau. Der Rückgang sei „im Wesentlichen auf den Wertverlust des Euro gegenüber dem Hongkong-Dollar zurückzuführen“, erklärte das Unternehmen. Trotz der widrigen Währungseffekte konnte das Unternehmen in Europa jedoch ein Umsatzplus verbuchen, nachdem die Geschäfte im Vorjahreszeitraum durch Ladenschließungen infolge der Pandemie belastet worden waren. 

Primark wird das laufende Geschäftsjahr 21/22 voraussichtlich mit einem kräftigen Umsatzplus abschließen. Erwartet werde ein währungsbereinigtes Wachstum um 40 % auf etwa 7,7 Mrd. Britische Pfund (8,9 Mrd. Euro)

Vaude lässt das firmeneigene Green Shape Siegel nun von sechs unabhängigen Expert*innen prüfen. In regelmäßigen fachlichen Reviews soll sich das Gremium mit den Kriterien, den Prozessen und den Verfahren von Green Shape befassen. Durch den Beirat sollen Objektivität und Glaubwürdigkeit des Siegels gestärkt werden. 

Bereits Ende Juli hat das Amtsgericht Nürnberg eine Filialleiterin von H&M in einem der seltenen Verfahren wegen der Behinderung der Betriebsratsarbeit zu einer Geldstrafe verurteilt. Mit der Umsetzung eines radikales Kürzungsprogramm mit der Schließung von mehreren hundert Filialen (u.a. die Nürnberger Filiale) und zahlreichen Entlassungen sollten 28 % der Arbeitsstunden eingespart werden. Betriebsrat und Gewerkschaft wehrten sich dagegen. Die Filialleiterin hat daraufhin gezielt Betriebsratsmitgiedern Aufgaben entzogen und entsprechende Funktionszulagen nicht mehr gezahlt. Verdi sah darin eine direkte Bestrafung von Betriebsratsmitgliedern für ihre engagierte Arbeit und stellte im Sommer '21 Strafanzeige wegen Behinderung der Betriebsratsarbeit.