Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

ILO "Employment, wages and productivity trends in the Asian garment sector" (PDF): Die Studie gibt einen Überblick über Beschäftigung, Löhne und Arbeitsproduktivität in der asiatischen Bekleidungsindustrie im Zeitraum 2010-19. Die Branche macht noch immer 55% der weltweiten Textil- und Bekleidungsexporte aus und beschäftigt rund 60 Mio. Arbeitnehmer*innen. Während die Bekleidungsindustrie zB in China, Thailand und den Philippinen durch wirtschaftliche Diversifizierung und Modernisierung an Bedeutung verloren hat, ist sie in Kambodscha und Bangladesch nach wie vor der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Die Reallöhne sind in den meisten Ländern gestiegen, obwohl die Arbeitsbedingungen im Allgemeinen nach wie vor schwierig sind, einschließlich langer und intensiver Arbeitszeiten, mangelhafter Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz sowie Verletzungen der Grundrechte am Arbeitsplatz. Geschlechtsspezifische Lohnunterschiede bestehen im gesamten asiatischen Bekleidungssektor fort. Die Daten des Berichts zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen dem Wachstum der Arbeitsproduktivität und den Löhnen in diesem Sektor, was darauf hindeutet, dass Investitionen in die Arbeitsproduktivität eine wichtige Rolle bei der Erhöhung der Löhne spielen können.

ITUC CSI IGB "2022 ITUC Global Rights Index - The world’s worst countries for workers" (PDF): Zu den zehn schlimmsten Ländern für Berufstätige gehören u.a. Bangladesch (S.27), Myanmar (S.34) und die Türkei (S.36). 87% aller Länder verletzten das Streikrecht, 79% verletzten das Recht auf Tarifverhandlungen, 77% nahmen Arbeiter*innen das Recht auf Vereinigungsfreiheit, 74% behinderten die Registrierung von Gewerkschaften, in 66% hatten Beschäftigte keinen oder nur eingeschränkten Zugang zur Recht, Arbeiter*innen wurden in 69 Ländern verhaftet, in 50 Ländern erlebten Arbeiter*innen Gewalt, 41% der Länder schränkten die freie Rede- und Versammlungsfreiheit ein, in 13 Ländern wurden Gewerkschafter*innen ermordet (u.a. Bangladesch, Indien, Italien, Myanmar und den Philippinen). In einer Liste von Unternehmen, die mit Arbeitsrechtsverletzungen in Verbindung stehen finden sich u.a. H&M (S.11).

Inkota & Südwind Österreich "Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der Praxis - Wie kommen Unternehmen ihrer Verantwortung für Menschenrechte in der globalen Lieferkette von Leder(waren) und Schuhen nach?" (PDF): Für den Bericht wurden zehn Unternehmen befragt, von denen fünf die Auskunft verweigerten (u.a. Wortmann (Tamaris). An der Befragung teilgenommen haben Zalando, Otto, ABOUT YOU, Legero und Görtz. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die Marken viel zu wenig über die Risiken und Missstände in der globalen Lieferkette von Lederwaren wissen. Die bisher ergriffenen Maßnahmen der Einzel- und Onlinehändler zur Beseitigung von Missständen sind unzureichend. In der Produktgruppe Lederwaren werden Sorgfaltspflichten noch weniger ernst genommen als bei Bekleidung und Textilien. Die Arbeitsbedingungen sind geprägt von der Missachtung von Arbeitsrechten, einem verantwortungslosen Umgang mit Chemikalien und extrem niedrigen Löhnen.

University of Nottingham Rights Lab "Fashioning a beautiful future? Supporting workers and addressing labour exploitation in Leicester’s textile and garment industry" (PDF): Zu Beginn des letzten Jahres berichteten wir über ausbeuterische Verhältnisse in den Fabriken in Leicester (siehe News Update KW 2 '21). Der verlinkte Bericht enthält Ergebnisse einer viermonatigen Forschungsstudie bei der Textilarbeiter*innen interviewt wurden. 56% von den Arbeiter*innen bekommen keinen Mindestlohn. Die Expert*innen haben den großen Einzelhändler*innen und staatlichen Stellen empfohlen, sich u.a. auf folgende Bereiche zu konzentrieren, um das Leben und die Arbeitsbedingungen der Arbeiter*innen zu verbessern: Beschwerdemechanismen, Unterstützung von Gewerkschaften, Rechtsberatung, Zugang zu lokalen Bildungsangeboten (Sprachförderung), enge Zusammenarbeit mit Arbeitgeber*innen.

TextileExchange "Material Change Insights 2021 June 2022 - The state of fiber and materials sourcing" (PDF): Der Material Change Index (MCI) verfolgt die Fortschritte des Bekleidungssektors in Richtung einer nachhaltigeren Materialbeschaffung sowie die Ausrichtung auf globale Bemühungen wie die Ziele für nachhaltige Entwicklung und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. In diesem Jahr wurden 292 Unternehmen bewertet und erhielten Bewertungen von 28,4 bis 87,2 von 100 Punkten. Zu den führenden Unternehmen gehören u.a. die Textilbündnis-Unternehmen Adidas, C&A, H&M, PUMA und Tchibo.

Organic Cotton Accelerator "OCA Annual Report 2021" (PDF): In der Saison 2020/21 haben 22.146 Landwirt*innen mit OCA zusammen gearbeitet und auf 22.146 Hektar Land 31.290 Tonnen Baumwolle geerntet. Pro Hektar wurde ein Einkommen von 635€ generiert. Zudem wurden 1,7 Mio. € als Premium an indische Landwirt*innen gezahlt. OCA berichtet außerdem über ihre 2030 Strategie mit folgenden Konzepten: Widerstandsfähigkeit der Landwirt*innen, Verfügbarkeit des ökologischen Landbaus, robuste soziale und ökologische Daten auf Betriebsebene und einen kooperativen sektoralen Ansatz. OCA ist Implementierungspartner der Bündnisinitiative Bio-Baumwolle in Indien. Darüber erhalten 12.500 Baumwollproduzent*innen im Rahmen des „OCA Farm Programme“ gentechnikfreies Saatgut und Unterstützung bei der Umstellung auf ökologischen Landbau, unter anderem durch Trainings zu ökologischen Anbaumethoden und zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen. Im Gegenzug verpflichten sich die an der Bündnisinitiative beteiligten Unternehmen dazu, drei Jahre lang feste Mengen zertifizierter Bio-Baumwolle bzw. Baumwolle in Umstellung abzunehmen und den Landwirt*innen eine Prämie zu zahlen, die über dem Marktpreis liegt.

Cotton made in Africa & The Good Cashmere Standard "Aid by Trade Foundation - Annual Report 2021" (PDF): In 2021 haben 1 Mio. Landwirt*innen mit CmiA zusammen gearbeitet und in zehn Ländern auf 1.705.000 Hektar Landfläche 690.000 Tonnen Baumwolle geerntet. 600.000.000 Textilien wurden mit CmiA Label auf den Markt gebracht. Im Jahresreport wird ebenfalls über Transparenz und Digitalisierung in der Wertschöpfungskette gesprochen und zu Herausforderungen wie z.B. dem Klimawandel Stellung genommen.

News

Existenzlöhne: In zwei Wochen startet die neue Kampagne #GoodClothesFairPay von Fashion Revolution für existenzsichere Löhne. Ziel der Kampagne ist es, EU-weit 1 Mio. Unterschriften zu sammeln, um auf eine Gesetzgebung zu drängen, die von Unternehmen verlangt, dass sie in ihren Lieferketten eine Sorgfaltsprüfung auf existenzsichernde Löhne durchführen. Auf der Website findet sich zudem eine interaktive Karte, die in Zusammenarbeit mit WageIndicator erstellt wurde. Sie zeigt das durchschnittliche Lohngefälle in ausgewählten Ländern, die mit der Mode- und Textilindustrie verbunden sind und zeigt, dass die Arbeitnehmer*innen in den meisten Regionen keinen existenzsichernden Lohn verdienen. Im Laufe der Kampagne werden weitere Daten gesammelt und ergänzt.

Produktionsländer

Pakistan: Es sind zehn Jahre seit dem Brand in der Fabrik Ali Enterprises vergangen, bei dem über 250 Bekleidungsarbeiter*innen ums Leben kamen, doch die Rechte der Beschäftigten in der Bekleidungs- und Textilindustrie haben sich kaum weiterentwickelt. Es gibt immer noch kein Sicherheitsabkommen, das Arbeitgeber*innen und internationale Marken für die Umsetzung grundlegender Sicherheitsprotokolle und -verfahren zur Rechenschaft zieht. Der neue Bericht der Clean Clothes Campaign (PDF) zeigt die Mängel bei einigen der grundlegendsten Bestimmungen für die Sicherheit in der Bekleidungsproduktion auf und verdeutlicht die dringende Notwendigkeit einer Ausweitung des internationalen Abkommens ACCORD.

Tunesien: Am 22. Juni organisierte die IndustriALL-Mitgliedsorganisation General Federation for Textile Clothing, Leather and Shoes (FGTHCC-UGTT) eine Demonstration vor dem Sozialministerium in Tunis, um die Regierung aufzufordern, die Löhne gemäß einer Vereinbarung aus dem Jahr 2021 anzuheben. Die tunesische Regierung verzögert die Umsetzung der Vereinbarung aus unklaren Gründen.

Indien: Beim Einsturz einer Decke in einer Bekleidungsfabrik in Chembur, Mumbai wurde ein Arbeiter getötet und elf weitere Arbeiter*innen verletzt.

Kambodscha: Bei einem Unfall eines mit über 50 Textilarbeiter*innen besetzten Lkws wurden 26 Frauen und ein Mann verletzt. Der Transport von Arbeiter*innen in offenen Lastwagen zu und von Fabriken ist in Kambodscha keine Seltenheit. Am 30. März wurden etwa 20 Bekleidungsarbeiter*innen verletzt, als ihr Lastwagen in der südöstlichen Provinz Svay Rieng mit einem Auto zusammenstieß. Das Arbeitsministerium teilte mit, dass die Mindestlohnverhandlungen für Textilien, Bekleidung und Schuhe für das Jahr 2023 im Juli dieses Jahres beginnen werden. Gewerkschaften fordern einen Mindestlohn von 204-214$. Dieser Lohn würde aber immernoch unter den Lebenshaltungskosten der Arbeiter*innen liegen, der sich auf 250-300 $ beläuft.