Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

World Benchmarking Alliance "Social Transformation Baseline Assessment 2022 - Are companies contributing to systems transformations that leave no one behind?" (PDF): In dieser Publikation wurde untersucht, was 1.000 der weltweit einflussreichsten Unternehmen tun, um zu einer sozialen Transformation unseres globalen Systems beizutragen. Diese Unternehmen wurden anhand eines Rahmens für soziale Transformation bewertet, der 18 Indikatoren für drei Messbereiche umfasst: Achtung der Menschenrechte, Bereitstellung und Förderung menschenwürdiger Arbeit und ethisches Handeln. Die Ergebnisse für jedes Unternehmen sind auf Indikator- und Elementebene für alle Interessengruppen öffentlich zugänglich. Die Ergebnisse für Unternehmen aus der Bekleidungsbranche sind derzeit noch anonymisiert, da der Freigabeprozess mit WBA noch läuft.

The Danish Institute for Human Rights "How do the Pieces Fit in the Puzzle? Making sense of EU regulatory initiatives related to business and human rights" (PDF): In den letzten Jahren hat die EU eine Reihe von Regulierungsinitiativen eingeführt, die auf unterschiedliche Weise versuchen, die negativen Auswirkungen, die Unternehmen auf die Wahrnehmung der Menschenrechte haben können, anzugehen. Dazu gehören Initiativen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, zur nachhaltigen Unternehmensführung und zur nachhaltigen Finanzierung sowie Handelsregeln und Einfuhr-/Ausfuhrbeschränkungen. Diese Veröffentlichung soll einen Überblick über diese verschiedenen EU-Rechtsetzungsinitiativen geben. Aus Sicht der Studie könnte das Spektrum der laufenden und in der Entwicklung befindlichen Initiativen einen "intelligenten Mix" von Maßnahmen auf EU-Ebene bilden, um die Achtung der Menschenrechte durch Unternehmen entsprechend der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu fördern.

Clean Clothes Campaign, ECCHR, Public Eye und SOMO "Legislating Human Rights Due Diligence - Respecting Rights or Ticking Boxes?" (PDF): In vielen Ländern weltweit wird derzeit über verbindliche Rechtsvorschriften für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten (HRDD) diskutiert. Solche Gesetze sind notwendig, um sicherzustellen, dass Unternehmen die Menschenrechte respektieren und dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen Zugang zu Recht und Rechtsmitteln haben. Gesetzgeber müssen dafür die normativen Standards für die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht, die in den UN-Leitprinzipien und den OECD-Leitsätzen enthalten sind, in verbindliche, gesetzlich verankerte Verpflichtungen umwandeln. Wenn der Gesetzgeber dabei nicht das richtige Gleichgewicht zwischen praktischer Flexibilität und normativer Vorgabe findet, besteht ein erhebliches Risiko: Im besten Fall werden die HRDD-Gesetze dann zu einem Papiertiger, der keine wirklichen positiven Auswirkungen für die Menschen hat, und im schlimmsten Fall zu einer neuen Greenwashing-Technik, hinter der sich Unternehmen verstecken können, während sie weiterhin Schaden anrichten. Um dies zu verhindern, zeigt dieses Papier zwölf wichtige Interpretationen der Standards der UN-Leitprinzipien, die Gesetzgeber bei der Festlegung von HRDD-Verpflichtungen beachten müssen.

Niederländisches Abkommen für nachhaltige Bekleidungs- und Textilindustrie (AGT): "Practical guide for companies on IRBC and OECD due diligence" (PDF): Das niederländische AGT lief bis zum 31. Dezember 2021. Eine breite Koalition von Unternehmen und anderen Organisationen arbeitete während der Laufzeit von 5,5 Jahren zusammen. Ähnlich wie das deutsche Textilbündnis mit seinem Review Prozess hat auch das AGT seine Mitgliedsunternehmen auf eine ambitionierte Umsetzung der Sorgfaltspflichten entsprechend der OECD-Leitsätze geprüft. Das dafür genutzte detaillierte Prüfrahmenwerk (150 Seiten) wurde nun veröffentlicht (das deutsche Pendant hat einen Umfang von lediglich 32 Seiten). Das Rahmenwerk hat sich im Laufe der Jahre weiterentwickelt: 2020 wurd es mit den Erwartungen der OECD harmonisiert und später im selben Jahr ein Corona-Update vorgenommen. Durch kürzlich ergänzte Links ist das Rahmenwerk zu einem praktisch nutzbaren Due-Diligence-Tool geworden.

News

Chemikalien: Die gemeinnützige Organisation Toxic-Free Future fand heraus, dass 34 von 47 untersuchten Kleidungsstücken, die als flecken- oder wasserabweisend vermarktet wurden, eine oder mehrere Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) enthalten. Zu den Artikeln, in denen PFAS gefunden wurden, gehören Regenjacken, Wanderhosen, Matratzenauflagen, Bettdecken, Servietten und Tischtücher. Viele dieser Artikel enthielten bestimmte PFAS, die in der Europäischen Union verboten sind und in den USA aufgrund ihrer gesundheitlichen Auswirkungen nicht mehr hergestellt werden. Aufgrund ihrer langen Verweildauer in der Umwelt und in unserem Körper werden sie auch als "forever chemicals" bezeichnet. Wissenschaftler*innen wissen seit Jahrzehnten, dass einige ältere Arten von PFAS zu Krebs, Schäden am Fortpflanzungs- und Immunsystem, erhöhtem Cholesterinspiegel und anderen Gesundheitsproblemen beitragen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass neuere PFAS, die als sicherere Ersatzstoffe angepriesen werden, ähnliche gesundheitliche Auswirkungen haben. Die Untersuchung zeigte auch, dass in jeder der drei untersuchten Hauptproduktkategorien PFAS-freie Produkte erhältlich sind, was beweist, dass Alternativen in Gebrauch sind (Fact Sheet und weitere Infos zur Studie).

Altkleider: Chiles Umweltbehörden haben das Vereinigte Königreich aufgefordert, "Verantwortung zu übernehmen" und zu verhindern, dass Tausende von Tonnen Kleidung aus Europa und den Vereinigten Staaten illegal in der Atacama-Wüste abgeladen werden. Rund 60 000 Tonnen Kleidung kommen jedes Jahr im nordchilenischen Hafen von Iquique in der Freizone Alto Hospicio an, wo sie von Bekleidungshändler*innen aufgekauft oder in andere Länder geschmuggelt werden. Aber mindestens 39.000 Tonnen, die nicht verkauft werden können, landen auf Müllhalden in der Wüste (siehe News Update der KW 45).

Greenwashing: Die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority, CMA) wird im Rahmen eines neuen Kodex für umweltbezogene Angaben (Green Claims Code) gegen unbegründete Umweltaussagen vorgehen. Die CMA hatte den Unternehmen eine Frist bis zum 31. Dezember 2021 gesetzt, um entweder ihre Behauptungen zu belegen oder ihr Marketingmaterial anzupassen, um falsche Behauptungen zu entfernen. Gegen Zuwiderhandelnde werden Maßnahmen ergriffen. Die Advertising Standards Authority hat bereits Geldstrafen und Beschränkungen gegen große Unternehmen verhängt und damit einen Präzedenzfall für andere geschaffen. Bei BMW und Shell wurde die Werbung überprüft und anschließend wegen Irreführung verboten.

EU-Lieferkettengesetz: Die Vorschläge der Europäischen Union (EU) zur Einführung von Rechtsvorschriften, die Unternehmen für Menschenrechts- und Umweltprobleme in ihren globalen Lieferketten haftbar machen sollen, werden Berichten zufolge im Februar veröffentlicht. Das EU-Gesetz zur Sorgfaltspflicht, das bereits im Juni 2021 vorgestellt werden sollte, verzögerte sich, nachdem es vom internen Ausschuss für Regulierungskontrolle der Europäischen Kommission abgelehnt worden war (siehe News Update der KW 49). Die Vorschläge sind noch nicht fertiggestellt, würden aber für alle größeren Unternehmen gelten, die im Binnenmarkt tätig sind, d.h. für Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen und einem Jahresumsatz von 150 Mio. Euro.

Produktionsländer

Bangladesch: Die Studie "The impact of Covid-19 on women workers in the Bangladesh garment industry" (PDF) vom Modern Slavery PEC untersuchte die Arbeitsbedingungen von Arbeiterinnen in Zulieferbetrieben britischer Einzelhändler*innen in Bangladesch während der Covid-19-Pandemie. Die Untersuchungen ergaben, dass die unlauteren Praktiken der britischen Einzelhändler*innen, einschließlich der Stornierung von Aufträgen während der Pandemie, die Ausbeutung und Zwangsarbeit von Arbeiterinnen gefördert haben. Es wurde u.a. festgestellt, dass es zu einer Zunahme von sexuellem und verbalem Missbrauch und symbolischer Gewalt kam, hauptsächlich durch Vorgesetzte, die die Frauen zu schnellerem Arbeiten zwangen, um unrealistische Produktionsziele zu erreichen. Die Ergebnisse stellen einige der konventionellen Praktiken der sozialen Verantwortung von Unternehmen in Frage, wie z.B. Verhaltenskodizes, Nachhaltigkeitsberichterstattung oder Sozialaudits, da diese nicht in der Lage waren, die Verletzlichkeit von Arbeiterinnen zu schützen, insbesondere während der Covid-19-Pandemie.

Kambodscha: Die Global Living Wage Coalition und das Anker Research Institute haben einen Anker Living Wage Reference Value von KHR 860,992/210 US$ (PDF) für Kambodscha herausgegeben. Dieser gilt als eine detaillierte wissenschaftliche Methode, um einen Referenzwert für einen existenzsichernden Lohn zu bieten. Im Textilbündnis werden neben anderen Benchmarks Living Wage-Erhebungen der GLobal Living Wage Coalition als Benchmarks genutzt.

Myanmar: Bereits ein Jahr ist es her, dass das Militär in Myanmar putschte und die Macht übernahm. FEMNET veröffentlichte ein Update, berichtet über die derzeitige Situation für Textilarbeiter*innen und ruft internationale Unternehmen dazu auf, Verantwortung zu übernehmen. Die Marken müssen Druck auf das Regime ausüben, indem sie die Produktion in Myanmar einstellen und Entschädigungszahlungen an die Textilarbeiter*innen leisten, um sich mit ihnen zu solidarischeren und ihren Schutz vor Verfolgung sicherzustellen. Darüber hinaus fordert FEMNET das bevorzugte EU-Handelsabkommen EBA mit Unternehmen für Myanmar zu beenden und keine weiteren Aufträge in Myanmar zu platzieren. Die EU und die USA müssen umfassende, ökonomische Sanktionen verhängen, um so das Militärregime zu schwächen.

Indien: Vor zwei Wochen (im News Update der KW 3) berichteten wir über den Lohndiebstahl in Karnataka. Am 01. Februar kündigte Shahi Exports, der größte Bekleidungshersteller Indiens, an, dass er seinen 80.000 Beschäftigten in Karnataka ab sofort den korrekten Mindestlohn zahlen und ihnen eine vollständige Lohnnachzahlung für die frühere Unterbezahlung zukommen lassen wird, die sich nach Schätzungen des WRC allein im Fall der Beschäftigten von Shahi auf insgesamt 10 Mio. Dollar seit Inkrafttreten einer Mindestlohnerhöhung im April 2020 beläuft. Shahi hat zugesagt, dass etwa die Hälfte dieser Nachzahlung in den nächsten 10 Tagen an die Arbeitnehmer*innen ausgezahlt wird; die Arbeitnehmer*innen werden jedoch noch bis zum 10. Mai warten müssen, um den Rest mit ihren Aprillöhnen zu erhalten.