Aktuelles/Briefing Room

Studien und Co.

Tent & Verité "Combating Forced and Child Labor of Refugees in Global Supply Chains - The Role of Responsible Sourcing" (PDF): Angesichts der weltweiten Geflüchtetenkrise, die keine Anzeichen für ein Abklingen zeigt, müssen multinationale Unternehmen darüber nachdenken, wie ihre Lieferkette mit Geflüchteten interagiert, die oft anfälliger für Zwangsarbeit sind, wenn sie sich in einem neuen Land Arbeit suchen. Der Bericht zeigt auf, warum und wie Unternehmen das Problem der Zwangsarbeit angehen können und sollten, indem sie überdenken, wie Geflüchtete sicher in ihre Lieferketten integriert werden können, und dabei Geflüchteten helfen, Zugang zu fairer, menschenwürdiger Arbeit zu erhalten.

Ellen McArthur Foundation "Circular Business Models - Redefining Growth for a thriving Fashion Industry": Kreislaufwirtschaftliche Geschäftsmodelle für die Modebranche, die es Unternehmen ermöglichen, Einnahmen zu erzielen, ohne neue Kleidungsstücke herzustellen, stellen eine erhebliche Chance für neues und besseres Wachstum in der Modeindustrie dar. Diese Geschäftsmodelle, zu denen Wiederverkauf, Vermietung, Reparatur und Umgestaltung gehören, können beträchtliche Treibhausgaseinsparungen bewirken und bis 2030 einen Wert von 700 Mrd. USD erreichen, was 23% des globalen Modemarktes ausmachen würde (heute 3,5%). Die derzeit boomenden Modelle wie Wiederverkauf und Vermietung führen jedoch nicht immer zu ökologischen Vorteilen, da die Einnahmen zirkulärer Modelle nicht von der Produktion und dem Ressourcenverbrauch entkoppelt werden. U.a. wird kritisiert, dass Unternehmen ihren Erfolg an Verkäufen messen und deswegen auch bei kreislaufwirtschaftlichen Modellen Anreize schaffen wollen, das lineare Geschäftsmodell zu stärken: So werden z.B. bei der Rückgabe von Kleidung Gutscheine für den Kauf neuer Kleidungsstücke gegeben.

Business of Fashion & McKinsey & Company "The State of Fashion" (PDF): Der sechste Jahresbericht prognostiziert, dass die globale Modeindustrie nach fast zwei Jahren des Umbruchs wieder Tritt fassen wird. Dennoch steht die Branche angesichts der Unterbrechung der Lieferkette, der schwankenden Nachfrage und des anhaltenden Drucks auf die Gewinne vor großen Herausforderungen. Laut der Autor*innen werden zehn Themen in drei Kategorien für die Modebranche im Jahr 2022 entscheidend sein: Weltwirtschaft: Ungleichmäßige Erholung, logistischer Stillstand; Veränderungen im Verbraucherverhalten: heimischer Luxus, Kleiderschrank Umgestaltung, metaverse Denkweise; Modesysteme: soziales Einkaufen, Kreislauftextilien, Produktpässe, Cyber-Resilienz, Talentknappheit.

Remake "2021 Remake Fashion Accountability Report": Der zweite jährliche Branchenbericht, der auf der Befragung von 14 Expert*innen basiert, bewertet 60 Modeunternehmen in 6 Schlüsselbereichen: Rückverfolgbarkeit; Löhne und Wohlbefinden; Handelspraktiken; Rohstoffe; Umweltgerechtigkeit und Klimawandel; Governance, Diversität und Inklusion. Unternehmen, die sich nicht für die von den Arbeitnehmer*innen unterstützten Bemühungen um systemische Reformen in der Modebranche einsetzen, werden Punkte abgezogen. Konkret wurden Unternehmen Punkte abgezogen, die sich weigerten, dem Accord beizutreten, die #PayUp nicht zustimmten und die den Garment Worker Protection Act nicht unterstützten. Untersucht wurden u.a. die Textilbündnis-Unternehem C&A, Primark, Adidas, und H&M.

News

COP26: Der bangladeschische Jeans-Hersteller Mostafiz Uddin nimmt Stellung zum Aufruf von TextileExchange, steuerliche Anreize zu schaffen, um Modemarken zur Beschaffung umweltfreundlicher Materialien zu bewegen (siehe News Update der KW 45). Uddin fragt nun, was mit den Lieferant*innen sei, denn die Unterzeichner der erneuerten Fashion Industry Charta werden in hohem Maße davon abhängig sein, dass ihre Zuliefer*innen in nachhaltigere Herstellungsverfahren investieren, um ihre Klimaverpflichtungen zu erfüllen. In Anbetracht dessen fragt er: Wo sind die steuerlichen Anreize für die Zuliefer*innen? Er wundert sich, dass die Modeindustrie in den letzten fünf Jahren viele Verpflichtungen in Bezug auf das Klima eingegangen ist, aber noch nicht genügend Details darüber geliefert hat, wie sich diese Verpflichtungen auf die Zuliefer*innen auswirken werden, was die Zuliefer*innen tun müssen, damit die Modemarken die Ziele erreichen, und woher die Finanzierung und die Investitionen kommen sollen, um die Lieferketten zu verbessern.

Zwangsarbeit der Uigur*innen: Der Bericht von ECCHR (PDF) untersucht die Zuverlässigkeit führender Textilzertifizierungen und deren Zertifizierungsstellen sowie deren Verhältnis zur Situation in der Region Xinjiang. Die Ergebnisse zeigen, dass trotz der bekannten Menschenrechtsrisiken in Xinjiang die Betriebe in der uigurischen Region seit Jahren als konform mit den Arbeitsnormen zertifiziert werden. Lieferant*innen mit Sitz in Xinjiang oder solche, die in Xinjiang produzierte Baumwolle verwenden könnten, dürfen auch zertifizierte Baumwolle verarbeiten und mit ihrer eigenen Baumwolle mischen. Das Papier konzentriert sich auf die Textilzertifizierungen Global Organic Textile Standards (GOTS) und seine Zertifizierungsstelle Control Union Certifications, Better Cotton Initiative (BCI) und Cotton made in Africa (CmiA). Angesichts der mutmaßlich staatlich geförderten Massenüberwachung und Zwangsarbeit in der Region können typische Monitoring-Instrumente wie Sozialaudits nicht zuverlässig ausschließen, dass in den Betrieben der Lieferant*innen in Xinjiang Zwangsarbeit eingesetzt wird. Zertifizierungssysteme sollten daher dringend ihre Zusammenarbeit mit allen Lieferant*innen in der Region überdenken (siehe dazu auch die News zu Zwangsarbeit im letzten News Update und die Stellungnahme von Südwind).

Produktionsländer

Pakistan: Die Clean Clothes Campaign veröffentlicht eine Solidaritätserklärung mit den Arbeitnehmer*innen der Provinz Sindh. Die Provinz ist eines der wichtigsten Zentren der Bekleidungsproduktion in Pakistan. Am 9. Juli kündigte die Regierung der Provinz eine 40-prozentige Erhöhung des Mindestlohns von 17.000 auf 25.000 Rupien (ca. 124€) an. Grundsätzlich ist dies ein großer Sieg für die Arbeitnehmer*innen, die mit Hungerlöhnen, die weit unter den steigenden Lebenshaltungskosten liegen, ums Überleben kämpfen müssen. Dieser Sieg muss sich jedoch erst noch in der Realität bewähren. Die Fabrikbesitzer*innen kämpfen gerichtlich dagegen an und drohen mit Abwanderung. Gleichzeitig bleiben die Markenhersteller*innen untätig und tragen wenig zur Einhaltung der Arbeitnehmerrechte bei. Die CCC fordert einkaufende Marken wie H&M, C&A, Aldi Nord und Adidas auf, ihren Versprechen, sich für existenzsichernde Löhne in der Branche einzusetzen, Taten folgen zu lassen. So könnten diese u.a. den Zuliefer*innen mitteilen, dass sich der neue Mindestlohn in den Preisen widerspiegeln kann, die sie den Markenhersteller*innen für ihre Produkte in Rechnung stellen, und sich damit verpflichten, etwaige Fehlbeträge zu decken und den Zulieferer*innen das Vertrauen zu geben, weiterhin in der Provinz Sindh zu produzieren.